Kult-Kicker exklusiv – Peter Közle: „Von Kroos & Co. darf man kein Sprüche-Feuerwerk erwarten“

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Peter Közle
IMAGO / HJS (Montage/Canva)

In den 90ern galt Fußballprofi Peter Közle als eine der Fan-Attraktionen der Bundesliga – weil er einnetzte, als ehrliche Haut in Erscheinung trat und nie einen Hehl daraus machte, nach der Arbeit auch mal feiern zu gehen. Für unsere Rubrik Kult-Kicker der Bundesliga haben wir mit dem früheren Spieler von Duisburg, Bochum und Union Berlin gesprochen. „Heute fehlen mir die Emotionen“, sagt der 53-Jährige mit Blick auf die heutigen Interviews nach den Spielen.

SPORTFAILS: Peter, am 22. Spieltag der Saison 1993/94 war der MSV Duisburg überraschend Bundesliga-Spitzenreiter – allerdings mit einer negativen Tordifferenz. Welche Erinnerungen hast du an dieses einmalige Kuriosum?

Peter Közle: Ich kann mich natürlich noch gut an das Spiel gegen Werder Bremen (1:0) erinnern, das zu dieser Tabellenführung geführt hat. Wir haben diese Momentaufnahme natürlich genossen, wobei unser Saisonziel ganz klar Klassenerhalt lautete. An einen Meistertitel haben wir auf keinen Fall gedacht, gefeiert haben wir dennoch – zumindest der „Hoppi“ (Joachim Hopp; Anm. d. Red.) und ich. Ich werde nie vergessen, wie wir nach dem Spiel im Auto saßen und direkt neben uns eine Straßenbahn mit MSV-Fans fuhr. Wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, sind ausgestiegen und haben gewunken. Was meinen Sie, was in dieser Bahn dann los war!?

Ich kann es mir vorstellen. Der „Hoppi“ und du: Ihr wart also die „Feierbiester“ des MSV?

Absolut. Wir haben uns immer super verstanden und freuen uns heute noch, wenn wir uns mal sehen – zum Beispiel einmal im Jahr beim Karneval in Duisburg. Wir beide waren damals an den Wochenenden schon gut unterwegs. Mit einer Einschränkung: Erstmal haben wir gearbeitet, also Fußball gespielt.

Vermisst du diese Typen heute, die Fußball spielen und feiern können?

Ja, schon. Zumal ich die Interviews nach den Spielen inzwischen sehr langweilig finde. Man muss die Jungs natürlich ein bisschen verstehen, denn die Aussagen fliegen einem heute in den Medien um die Ohren. Das war bei mir mitunter auch so – allerdings nicht in dieser Intensität. Dennoch: Heute fehlen mir die Emotionen. Und das geht den Fans nicht anders. Wenn man schlecht gespielt hat, dann sollte man sich auch hinstellen und das klar benennen. Als positiv emfinde ich die Interviews mit Paderborn-Trainer Steffen Baumgart: Danach sehnt sich doch jeder Fußballfan.

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Bleibt Baumgart auch mit Blick auf die Zukunft diesbezüglich die Ausnahme?

Typen wie Basler, Effenberg, Matthäus oder eben auch Hopp, die immer wieder mal einen rausgehauen haben, wird es in Zukunft kaum noch geben. Die aktuellen Profis wurden rhetorisch ganz anders ausgebildet. Daher darf man von Toni Kroos und Co. auch kein Sprüche-Feuerwerk erwarten.

Zurück zu diesem legendären MSV-Spiel gegen Werder: Sie haben damals das entscheidende Tor erzielt …

Genau, ich stand nach einer Flanke wenige Meter vor Oliver Reck und habe ihm den Ball durch die Beine geschoben – allerdings ungewollt, da ich den Ball gar nicht richtig getroffen hatte. Mir war kurz nach dem Spiel übrigens nicht bewusst, dass wir Erster sind – vermutlich, weil ich alles dem Ziel Klassenerhalt untergeordnet hatte. Die Geschichte mit dem negativen Torverhältnis habe ich noch später realisiert.

„Die aktuellen profis wurden rhetorisch ganz anders ausgebildet“

Peter Közle

Woran lag das?

Ehrlich gesagt haben mich Statistiken und besonders Torverhältnisse nie wirklich interessiert. Erst Jahre später hat mich jemand auf dieses Detail aufmerksam gemacht. Die Erklärung ist einfach: Wenn wir verloren haben, dann haben wir trotz einer Top-Abwehr mit Wohlert, Nijhuis, Westerbeek, Steininger und Bönig häufig hoch verloren. Hinzu kamen viele knappe Siege …

Was macht Peter Közle eigentlich heute?

Ich habe mir nach meiner Karriere zunächst zehn Jahre lang das genommen, was ich nie hatte: Ich war dreimal im Jahr Skilaufen und monatelang im Ausland, unter anderem in den USA. Dann bin ich relativ spät Vater geworden, habe zwei kleine Kinder. Meine Frau geht arbeiten, ich mache den Haushalt und kümmere mich um die Kleinen. Das erfüllt mich total. Aufgrund der Corona-Pandemie bin ich aktuell Koch, Lehrer und Unterhalter in einem.

Verfolgst du die aktuelle Entwicklung deines Ex-Klubs MSV Duisburg?

Ja, ich verfolge den MSV nach wie vor. In der vergangenen Saison war ich häufig im Stadion. Man hätte damit rechnen können, dass die Duisburger sogar aufsteigen. Sie sind zum Schluss jedoch etwas eingebrochen und befinden sich aktuell in einer brenzligen Situation. Ein Abstieg aus der 3. Liga wäre für den Verein natürlich sehr dramatisch. Woran es liegt, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Als „altes Zebra“ stimmt mich die Entwicklung aber schon traurig.

Kann ein „altes Zebra“ wie du nicht als MSV-Trainer oder Manager helfend einspringen?

Ich sehe mich nicht als Trainer einer Profi-Mannschaft. Ich helfe zum Beispiel gerne bei der Fußballschule des VfL Bochum aus, als Animateur sozusagen. Und das macht mir Spaß. Ich bin allerdings kein Trainer und definitiv auch kein Manager. Es gibt viele Ex-Fußballer, die der Meinung sind, dass sie auch gute Trainer oder Sportdirektoren seien, weil sie mal in der Bundesliga gespiel haben. Dazu zähle ich nicht. Ich weiß, wo ich hingehöre.

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